Schriftgrösse A - A+

diabetische Retinopathie

Beim Thema Zuckerkrankheit denkt niemand sofort auch daran, dass diese Stoffwechselerkrankung auch schwerwiegende Folgen für das Augenlicht haben kann. Dabei ist die diabetische Retinopathie eine der Haupterblindungsursachen in den Industriestaaten.

Begriff

Bei der diabetischen Retinopathie handelt es sich um eine Folgeerscheinung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Die ständig erhöhte Zuckerkonzentration im Blut führt zu Veränderungen der Blutgefäße, was sich besonders bei den sehr feinen Kapillaren der Netzhaut negativ bemerkbar macht.

Zuckerkrankheit - Eine Gefahr für die Sehkraft

Zuckerkrankheit kann sich auch negativ auf die Augen auswirken. Eine Folgeerkrankung des Diabetes ist eine Erkrankung der Netzhaut. Die Mediziner sprechen von der diabetischen Retinopathie - einer chronischen Durchblutungsstörung der Netzhaut (Retina). Diese Krankheit beeinträchtigt das Sehen und kann sogar zur Erblindung führen.

Diabetes und das Auge

Zuckerkrankheit ist eine chronische Stoffwechselstörung. Man unterscheidet zwei Haupttypen dieser Krankheit. Bei dem bereits in der Jugend auftretenden Typ-I-Diabetes erzeugt die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder gar kein Insulin. Der Typ-II-Diabetes dagegen beginnt meist im höheren Alter. In diesem Fall kann die Insulin-Produktion durchaus ausreichend sein. Der Körper reagiert aber nicht mehr ausreichend auf Insulin, er wird unemfindlich oder insensitiv. 

Eine lebenswichtige Energiequelle für die Zellen unseres Körpers ist Traubenzucker (Glukose). Den Zucker gewinnt der Körper aus Kohlehydraten, die wir mit unserer täglichen Nahrung aufnehmen. Das Blut transportiert den Zucker zu den einzelnen Zellen unseres Körpers. Hier wird er mit Hilfe des in der Bauchspeicheldrüse gebildeten Hormons Insulin aufgenommen. Wird Insulin in zu geringer Menge oder überhaupt nicht produziert, entsteht ein Zuckerdefizit in den Zellen, während der Blutzucker steigt. 

Im Laufe der Erkrankung entstehen Veränderungen an den Blutgefäßen. Auch das Auge ist davon betroffen. So kann Diabetes zu einer chronischen Durchblutungsstörung der Netzhaut, der sogenannten diabetischen Retinopathie, führen.

Symptome

Die Veränderungen der Netzhautblutgefäße verlaufen schleichend und damit für den Patienten zunächst unmerklich. Erst im späteren Verlauf der Krankheit machen sich Beeinträchtigungen des Sehens bemerkbar.

Anfangs kaum Beschwerden

Am Auge bewirkt der Diabetes eine chronische Netzhauterkrankung, die man als diabetische Retinopathie bezeichnet. Im Anfangsstadium der Zuckerkrankheit werden meist noch keine Schädigungen der Netzhaut (Retina) festgestellt. Die diabetische Retinopathie entwickelt sich sehr langsam. Allerdings leiden nach 10-15 Jahren zwei Drittel aller Diabetiker unter Durchblutungsstörungen der Netzhaut. Tritt die Zuckererkrankung bereits in der Jugend auf, verläuft die Entwicklung schneller. Im höheren Alter ist der Krankheitsverlauf dagegen meist langsamer.

Die diabetische Retinopathie ist nur sehr schwer zu entdecken, da sie im Anfangsstadium kaum Beschwerden verursacht. Zwar klagen Diabetiker häufig über Schwankungen der Sehschärfe - so zum Beispiel über eine vorübergehende Kurzsichtigkeit. Diese Probleme resultieren aber meist aus der Behandlung mit Insulin und sind keine Anzeichen für eine diabetische Retinopathie. Die Beschwerden hören auf, wenn der Patient richtig "eingestellt" ist. Das heißt, er erhält eine genau bemessene und exakt auf ihn zugeschnittene Menge Insulin. Gerade während der Einstellungsphase mit Insulin sollte der Patient auf das Autofahren verzichten, da aufgrund schwankender Sehschärfe die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt werden kann.

Wie verläuft die diabetische Retinopathie?

1. Zunächst bilden sich nur vereinzelt an den feinen Haargefäßen (Kapillaren) der Netzhaut kleine kugelförmige Erweiterungen. Zu gleicher Zeit setzen sich fettartige Substanzen als kleine oder größere weiße Flecken auf der Netzhaut ab.

normaler Augenhintergrund - nicht proliferative diabetische Retinopathie

2. In einem späteren Stadium bersten einzelne der Blutkapillaren und es entstehen kleine Blutungen. Aus den Gefäßen treten Stoffe ins Gewebe, die normalerweise im Blut zurückgehalten werden. In der Folge werden die Fettdepots in der Netzhaut größer.

schwere Form der nicht proliferativen diabetischen Retinopathie

3. Schließlich bilden sich neue Gefäße. Sie wachsen in baumförmigen Verzweigungen in den Glaskörper ein (Wundernetze). Wenn eines dieser häufig sehr instabilen Gefäße aufbricht, gelangt Blut in den Glaskörper. (proliferative diabetische Retinopathie)

frische Glaskörperblutung

4. Nach mehreren Blutungen durchzieht Bindegewebe den Glaskörper und überzieht die Netzhaut. Eine nachträgliche Schrumpfung des Bindegewebes kann zum Einreißen der Netzhaut führen. Wachsen die neuen Blutgefäße in den Glaskörper ein und dieser schrumpft, kommt es zu einer Netzhautablösung.

Netzhautablösung bei diabetischer Retinopathie

Netzhautablösung bei diabetischer Retinopathie

Ursachen und Folgen

Zwei Formen der diabetischen Retinopathie

Alle Folgeschäden der Zuckerkrankheit - auch die diabetische Retinopathie - basieren auf einem gestörten Stoffwechsel. Die Konsequenz sind Veränderungen an den Blutgefäßen. Dabei reagieren die Gefäße der Netzhaut (Retina) besonders empfindlich und verändern sich. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen der diabetischen Retinopathie.

  • Die einfache oder nicht proliferative diabetische Retinopathie besteht in kleinen, herdförmig auftretenden Gefäßveränderungen, kleinen Blutungen in die Netzhaut und vermehrter Ablagerung von Fettsubstanzen. Die Gefäßveränderungen beschränken sich auf die Netzhaut.
  • Bei der zweiten Form, der fortschreitenden oder proliferativen Vitreo-Retinopathie, kommt es zur Bildung neuer Blutgefäße, die in das Auge hineinwachsen und die Ursache für schwere Blutungen in das Augeninnere sein können. Die immer wiederkehrenden Blutungen können schließlich zur Erblindung führen. Wird ihrer Entwicklung nicht Einhalt geboten, führt sie zu Visusverlusten und im schlimmsten Fall zur Erblindung.

Außerdem kann es durch das Einwachsen von Gefäßen in den Glaskörper zu einer Netzhautablösung kommen, die ebenfalls das Sehvermögen zerstören kann.

Welche sonstigen Folgen können durch Diabetes am Auge entstehen?

Auf der Regenbogenhaut (Iris) sowie im Kammerwinkel können sich neue Gefäße bilden. Dieses führt zu einer Steigerung des Augeninnendrucks (Sekundärglaukom), die schwer zu behandeln ist. Im extremen Fall kann das Auge durch diese Drucksteigerung schweren Schaden erleiden. Manchmal kann durch eine intensive Laserbehandlung dieser negative Verlauf aufgehalten werden.

Diabetische Schwangere sind gefährdet

Da das Frühstadium der diabetischen Netzhauterkrankung keine Symptome zeigt, eine Therapie aber bereits erforderlich sein kann, sind besonders während der Schwangerschaft engmaschige Kontrollen notwendig. Sie sollten alle drei Monate vorgenommen werden, sofern noch keine Retinopathie vorliegt, sonst monatlich.

Diagnose

Je früher die Behandlung der diabetischen Retinopathie beginnt, desto erfolgreicher kann sie verlaufen. Da im Anfangsstadium keine Beschwerden auftreten, versäumen es viele Diabetiker, regelmäßig den Augenarzt aufzusuchen. Mindestens einmal im Jahr sollte der Augenhintergrund gespiegelt werden. Bei einer Feststellung der Sehschärfe allein - wie z.B. anlässlich einer Brillenbestimmung üblich - kann eine diabetische Retinopathie weder aufgedeckt, geschweige denn ausgeschlossen werden.

Der Besuch beim Augenarzt ist für jeden Diabetiker Pflicht.

Die Empfehlungen der "Initiativgruppe zur Früherkennung diabetischer Augenerkrankungen", der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte lauten daher:

1

Unmittelbar nach Feststellung der Zuckererkrankung (Diabetes mellitus) sollte sowohl bei Typ-l- als auch bei Typ-II-Diabetikern eine augenärztliche Untersuchung erfolgen. Diese sofortige Maßnahme ist so wichtig, weil oftmals nicht bekannt ist, wie lange die diabetische Stoffwechselerkrankung bereits besteht.

2

Vor dem Auftreten diabetischer Augenhintergrund-Veränderungen sind augenärztliche Kontrolluntersuchungen, in denen eine Weitstellung der Pupille erfolgt, mindestens einmal jährlich erforderlich.

3

Sind bereits Veränderungen der Netzhautgefäße entstanden, müssen die Patienten in wesentlich kürzeren Abständen augenärztlich untersucht werden -je nach Stadium der Erkrankung alle drei bis sechs Monate.

Befolgen Diabetiker diese Ratschläge, kann in den meisten Fällen eine Behandlung eingeleitet werden, bevor die Sehleistung des Patienten wahrnehmbar eingeschränkt ist. Die diabetische Retinopathie zählt in den Wohlstandsländern zu den häufigsten Erblindungsursachen. Bei rechtzeitiger Entdeckung und Behandlung kann dieser radikale Krankheitsverlauf häufig verhindert werden.

Therapie

Eine Heilung der diabetischen Netzhauterkrankung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Dennoch lässt sich oftmals durch verschiedene Behandlungsmaßnahmen eine Besserung der Gefäßschäden oder zumindest ein Stillstand der Krankheit erreichen. Der Patient selbst kann entscheidend zu einem günstigen Verlauf der Krankheit beitragen. Dabei muss er folgende Regeln beachten:

1

ständige Gewichtskontrolle

2

Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholgenuss

3

Einhaltung der Diät-Empfehlungen

4

Die exakte Einstellung der Blutzuckerwerte ist eine Grundvoraussetzung zum Schutz gegen die Folgen der diabetischen Retinopathie.

5

Ständige Blutdruckkontrolle in Absprache mit dem Hausarzt

Behandlung der diabetischen Retinopathie

Sind Veränderungen der Netzhaut (Retina) sowie des Augenhintergrundes bereits vom Augenarzt festgestellt worden, so kann in vielen Fällen eine Laser-Behandlung eine Verschlechterung der Sehleistung verlangsamen oder gar zum Stillstand bringen. Somit ist zumindest die Gefahr, das Sehvermögen zu verlieren, weitgehend gebannt.

Bei der Lasertherapie - auch Laser-Koagulation oder Photo-Koagulation genannt - werden durch gezielte Lichtstrahlen auf die Netzhaut krankhafte Blutgefäßwucherungen vermindert. So wird unter anderem auch die Bildung weiterer Gefäßveränderungen unterdrückt. Laserbehandlungen sind nahezu schmerzlos und müssen je nach Stand der Erkrankung wiederholt werden. b diese Therapie stationär oder ambulant erfolgt, entscheidet der behandelnde Augenarzt von Fall zu Fall.

Bei weit fortgeschrittener Krankheit mit ausgedehnten Gefäßwucherungen und schweren Blutungen ins Augeninnere reicht die Laserbehandlung nicht aus. Für betroffene Patienten steht heute ein neues Operationsverfahren zur Verfügung: ie Vitrektomie (operative Entfernung des Glaskörpers). Mit ihr lassen sich gewisse Erfolge erzielen. Bei günstiger Entwicklung gelingt es, eine zufriedenstellende Sehschärfe wiederherzustellen.

Grundsätzlich gilt: Ziel der Laserbehandlung und der Vitrektomie sind das derzeitige Sehvermögen zu erhalten. Eine Verbesserung lässt sich nur in Ausnahmefällen erzielen. Je weiter die Netzhauterkrankung fortgeschritten ist, desto geringer sind die Behandlungschancen.

Tipps und Service

Das Hauptaugenmerk einer Behandlung der diabetischen Retinopathie liegt auf der möglichst optimalen Blutzuckereinstellung. Außerdem sind regelmäßige Kontrollen, mindestens einmal pro Jahr, durch den Augenarzt unbedingt notwendig.

Risiko der Erblindung liegt bei Diabetikern sehr hoch

Die häufigste Augenerkrankung von Zuckerpatienten ist die diabetische Retinopathie. Genau wie die Zuckererkrankung lässt sie sich nicht heilen. Allerdings kann durch die Früherkennung diabetischer Veränderungen am Auge einer Erblindung erfolgreich vorgebeugt werden. Deshalb sollten Diabetiker die Hilfe des Augenarztes rechtzeitig und regelmäßig in Anspruch nehmen. Die Risiken einer Erblindung liegen bei Diabetikern 10 bis 20 mal höher als bei gesunden Menschen. Trotz dieses hohen Risikofaktors können Diabetiker durch eine konsequente Lebensführung sowie das Einhalten einiger Regeln die Gefahren einer Netzhauterkrankung deutlich senken.

Schutz vor der diabetischen Retinopathie

Die diabetische Retinopathie muss unbedingt vom Augenarzt behandelt werden. Vor dem Auftreten diabetischer Augenhintergrund-Veränderungen sind augenärztliche Kontrolluntersuchungen, in denen eine Weitstellung der Pupille erfolgt, mindestens einmal jährlich erforderlich.

  1. Sind bereits Veränderungen der Netzhautgefäße entstanden, müssen die Patienten in wesentlich kürzeren Abständen untersucht werden. Je nach Stadium der Erkrankung alle drei bis sechs Monate. Obwohl regelmäßige Untersuchungen immer wieder empfohlen werden, gehen nur ca. 40% der Risikopatienten auch tatsächlich in Abständen von drei bis sechs Monaten zum Augenarzt.
  2. Eine ärztliche Behandlung und "Einstellung" des Diabetes im Krankenhaus allein ist völlig ungenügend. Der Patient muss ausreichend über das gestörte Stoffwechselgeschehen aufgeklärt sein. Er sollte wissen, welche Nahrungsmittel Kohlehydrat- Fett- und Eiweißträger sind, und wie sie im Diätplan eingesetzt werden.
  3. Der Diabetiker sollte über die Wirkung von Medikamenten unterrichtet sein. Das gilt sowohl für Tabletten als auch für Insulin. Er muss in der Lage sein, sich die Arzneimittel nach Anweisungen seines Arztes selbst zu verabreichen und sich das Insulin selbst zu spritzen.
  4. Der Patient sollte seinen Urin selbst auf Zucker und Azeton untersuchen können. Das ist mit Hilfe der im Handel erhältlichen Testtabletten und Teststreifen einfach zu bewerkstelligen.
  5. Die Blutzuckerkontrolle mittels kleiner - heute noch etwas kostspieliger - Apparate sollte ebenfalls in den Händen des Diabetikers liegen.
  6. Der Zuckerkranke muss lernen, sein Stoffwechselgeschehen selbst zu beobachten und zu lenken.

Befolgen Diabetiker diese Ratschläge können sie ebenso leistungsfähig sein wie gesunde Menschen. So können sie sich vor Begleiterscheinungen des Diabetes lange schützen und selbst 30 Jahre nach Auftreten der Zuckerkrankheit ohne Spätschäden leben.